Employer Branding
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Employer Branding - Die Kunst aus der Masse hervorzutreten!

27. Juli 2020
Oliver Lilie
Oliver Lilie
Perwiss-Experte für Führung und Change Management

Immer mehr Unternehmen erkennen und nutzen die Kraft einer Arbeitgebermarke, der Employer Brand, als einen Bestandteil ihrer Vermarktung im Wettbewerb um die besten Fach- und Führungskräfte. Mit zunehmender Digitalisierung steigen die Möglichkeiten für die Gestaltung des eigenen Employer Branding. Gleichzeitig "lauern" auch eine Vielzahl von Risiken in Social Media & Co. für die Arbeitgebermarkenbildung.

Der folgende Beitrag fokussiert die zunehmende Bedeutung von Employer Branding und gibt Ihnen eine Übersicht von Maßnahmen sowie Controllingmöglichkeiten zur Ebtablierung einer solchen Arbeitgebermarke.

Employer Branding KOMPAKT- das Wichtigste in Kürze:
  • Employer Branding wird als Instrument definiert, das Bewerberinnen und Bewerbern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern positive Assoziationen mit dem Arbeitgeber ermöglicht.

  • Die Entwicklung einer Arbeitgebermarke begünstig die Effizienz und Effektivität der Personalrekrutierung sowie die Stärkung der Mitarbeiterbindung.

So gehen Sie vor:

  • Fachkräfteengpässe führen zu einem immer stärkeren Wettbewerb der Unternehmen um die besten Fachkräfte. Folglich ist es essenziell, durch eine professionelle und strategisch fundierte Arbeitgebermarke zu überzeugen.

  • Dies erfolgt durch das Etablieren der Unternehmenswerte und Merkmale, die sich von den Wettbewerbern unterscheiden (Employer Value Proposition/EVP).

  • Verschiedene Strategien ermöglichen den Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke.

Definition: Was ist Employer Branding?

Employer Banding ist ein Instrument zur Verbesserung der Effektivität sowie der Effizienz von Mitarbeitergewinnung und Mitarbeiterbindung. Employer Branding positioniert das Unternehmen nach Innen wie nach Außen als Arbeitgebermarke. Das Ziel ist es, eine attraktive Arbeitgebermarke zu schaffen, um sich von anderen Unternehmen abzuheben und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern die Besonderheiten und Vorteile des Unternehmens aufzuzeigen. Employer Branding verbessert nicht nur das Arbeitgeberimage, sondern auch die faktische Arbeitgeberqualität.

Woher kommt eigentlich der Begriff Employer Branding?

Den Ursprung hat der Begriff Employer Branding in der amerikanischen Viehzucht. Dort werden Rinder oder Pferde gebrandmarkt, damit das Vieh in einer Herde leichter erkannt werden kann. Nun sollen Beschäftigte natürlich nicht 'gebrandmarkt' werden. Eine Eins-zu-eins-Übersetzung ist daher nicht sinnvoll.

Die heutzutage gängige Bezeichnung Employer Branding entstand Ende der 1990er Jahre im englischsprachigen Raum durch den von einer großen Unternehmensberatung geprägten Begriff "War for Talents". Im deutschsprachigen Raum hat Employer Branding besonders durch die demografische Entwicklung und den dadurch hervorgerufenen Fachkräftemangel an Bedeutung gewonnen.

Was ist der Unterschied zwischen Employer Branding und Personalmarketing?

Personalmarketing und Employer Branding werden oft in einen Topf geworfen. Die wesentlichen Unterschiede liegen in der Ausrichtung beider Aspekte. Während Employer Branding strategisch ausgerichtet ist, liegt der Fokus des Personalmarketings auf einer operativen Ausrichtung. Beim Employer Branding wird die Basis für das Personalmarketing gelegt, indem eine Zielgruppenanalyse durchgeführt und die Employer Value Proposition (EVP) definiert wird. Personalmarketing umfasst anschließend die Aktivitäten und Maßnahmen, die dazu dienen, die Employer Branding Strategie umzusetzen.

Exkurs: Personalmarketing

Personalmarketing ist der Einsatz von Strategien und Instrumenten aus dem thematischen Bereich des Produkt- und Dienstleistungsmarketings zur Gewinnung potenzieller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (Recruiting) als auch die Steigerung der Attraktivität des Unternehmens für schon vorhandenes Personal. Dabei wird davon ausgegangen, dass neue Mitarbeitende wie Kunden umworben werden.

Voraussetzung für Personalmarketing ist, dass die Beschaffenheit der Arbeitsplätze und das Arbeitsumfeld eine Erfüllung von Bewerberwünschen und –erwartungen zulässt, um die (zukünftigen) Beschäftigten langfristig im Unternehmen zu halten.

Wer ist im Unternehmen für Employer Branding zuständig?

Für die Gestaltung des Employer Brandings sind zwei Bereiche, in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße, besonders geeignet. Einerseits kann die Zuständigkeit im Bereich der Unternehmenskommunikation oder andererseits in der Personalabteilung bzw. im Human Resource Bereich liegen. Im Optimalfall gibt es ein gutes Zusammenspiel beider Bereiche.

Warum ist Employer Branding wichtig?

Noch vor einigen Jahren haben sich bedeutend weniger Unternehmen Fragen hinsichtlich der Arbeitgeberattraktivität gestellt. Doch die Argumente für ein gut strukturiertes Employer Branding werden immer vielfältiger:

  • Employer Branding steigert die Bekanntheit Ihres Betriebs.

  • Employer Branding ist zunehmend notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens vollumfänglich und nachhaltig zu steigern.

  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer greifen auf das Unternehmen zurück, welches die Eigenschaften eines vermeintlich guten Arbeitgebers verkörpert.

  • Top-Talente haben in der Regel klare Anforderungen an ihren zukünftigen Arbeitsplatz.

  • Die Arbeitgeberattraktivität unter bestehenden Mitarbeitenden kann gesteigert werden.

  • Ein gutes Employer Branding kann die Zufriedenheit und Loyalität sowie die Motivation und Leistung der Mitarbeitenden steigern.

  • Durch Employer Branding kann die Fluktuation gesenkt werden.

Was zeichnet eine gute Arbeitgebermarke aus?

Eine gute Arbeitgebermarke bringt die Identität des Betriebs zum Ausdruck, welche Stärken es hat und wieso es einzigartig ist. Diese sogenannte Employer Value Proposition ist Ihr Alleinstellungsmerkmal als attraktiver Arbeitgeber.

Folgende Fragen helfen Ihnen dabei Ihre Employer Value Proposition (EVP) herauszustellen:

EB Employer Value PropositionBildnachweis: Eigene Darstellung der PERWISS-Redaktion

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie stehen im Supermarkt und Sie wollen einen Kaffee aus ökologischem Anbau kaufen. Der Preis ist zunächst einmal zweitranging. Sie sind nicht sicher, welchem Produkt Sie vertrauen können. In den meisten Fällen werden Sie Ihre Unsicherheit durch das Vertrauen in eine bekannte Marke wie z. B. das deutsche staatliche Bio-Siegel abbauen und ein Produkt mit Bio-Siegel wählen, das Ihnen z. B. ökologischen Landbau garantiert.

Ähnlich handeln Bewerber und Bewerberinnen bei der Wahl eines künftigen Arbeitsplatzes. Sie greifen auf denjenigen zurück, der die Eigenschaften eines guten Arbeitgebers und die beste Employer Value Proposition hat.

Internes und Externes Employer Branding

Nach der Konzeption beginnt die Umsetzung in der Praxis, die Kommmunikation nach außen und nach innen. Vergessen Sie nicht die Kommunikation nach INNEN!  Der Employer Branding Prozess ist mehr als eine nach außen gerichtete Markenbildung, es hat sowohl eine externe als auch eine interne Perspektive.

EB TitelbildBildnachweis: Eigene Darstellung der PERWISS-Redaktion

Internes Employer Branding

Ziel des internen Employer Brandings ist die Verbesserung der Mitarbeiterbindung, der Leistungsentwicklung der Beschäftigten sowie der Verbesserung der Kommunikation und Unternehmenskultur. Ebenso sind die Beschäftigten (die Gegenwärtigen sowie die Ehemaligen) die besten Botschafter für die Employer Brand Ihres Betriebs.

Es gibt eine große Vielfalt an Maßnahmen zur Kommunikation der gebildeten Werte und Leitsätze an die jeweiligen Zielgruppen. Bevor Sie loslegen: Entwerfen Sie im ersten Schritt eine stimmige Employer Branding Strategie einschließlich passender Konzepte hinsichtlich der Kommunikation. Beachten Sie dabei die Kosten, den zeitlichen Aufwand der einzelnen Aktivitäten und im Gegenzug die möglichen Effekte der verschiedenen Maßnahmen.

Externes Employer Branding

Ziel des externen Employer Brandings ist die Verbesserung der Mitarbeiterbeschaffung. Dazu gehören alle Maßnahmen, die dazu dienen, das Unternehmen nach Außen als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren. Ansätze des externen Employer Brandings können nur erfolgreich sein, wenn das interne Employer Branding funktioniert. Für den Aufbau einer Arbeitgebermarke ist das Etablieren von charakteristischen Werten und Merkmalen sinnvoll, um sich von anderen Firmen abzuheben. Je bekannter und angesehener die Arbeitgebermarke, desto größer ist das Interesse und je besser das Bild, das Bewerber und Bewerberinnen über das Unternehmen haben.

Trends im Employer Branding

Welche Trends sollten nicht auf Ihrer Employer Branding – Agenda fehlen? Wir haben bei unserer Recherche im Perwiss-Team folgende vier identifiziert:

1. Social Media gewinnt weiter an Relevanz

Dieser Trend ist nicht ganz neu, gewinnt jedoch zunehmend an Bedeutung. Mit sozialen Medien können Sie sowohl aktiv Kandidaten:innen ansprechen, aber sie auch passiv erreichen. Besonders die „Generation Z“ nutzt in erheblichem Umfang soziale Netzwerke. Interessant ist sicher, dass die Bedeutsamkeit der einzelnen Social Media Schwankungen unterliegt. Was heute noch En Vogue ist, kann „morgen“ schon in der Bedeutsamkeit erheblich sinken. Auf den Plattformen Instagram und TikTok können Sie aktuell eine besonders hohe Reichweite erzielen.

2. Power Skills

Beziehen Sie die sogenannten Power Skills bereits in die Kommunikation im Bewerbungsprozess mit ein. Der Blick geht aktuell von den fachlichen Kompetenzen immer mehr in Richtung Power Skills wie zum Beispiel Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit und Kreativität.

3. Gleichberechtigung und Diversity

Erweitern Sie Ihr Unternehmen um Diverse Teams und beachten Sie diesen Aspekt der Gleichberechtigung in Ihrem Employer Branding. In diversen Teams gibt es eine Vielzahl von verschiedenen Ideen und Meinungen, die Ihr Unternehmen bereichern können. Besonders die „Generation Z“ setzt immer mehr Wert auf Gleichberechtigung und Diversity.

4. Internationale Talentsuche

Aufgrund des Fachkräftemangels ist es wichtig, seinen Blickwinkel zu erweitern. Schauen Sie sich ruhig auch nach internationalen Kandidaten:innen um. Rücken Sie diese Zielgruppe mehr in den Fokus Ihrer Employer Branding Aktivitäten. Besonders in MINT-Berufen können diese den Fachkräftemangel reduzieren.

Wie bauen Sie sich eine attraktive Arbeitgebermarke auf? - Die ersten Schritte zum Erfolg

Die ersten Schritte zum Erfolg Employer BrandingBildnachweis: Eigene Darstellung der PERWISS-Redaktion

1. Stellen Sie Ihre Stärken als Arbeitgeber heraus!

Die positive Differenzierung von Wettbewerbern (Employer Value Proposition) ist ein wichtiges Erfolgskriterium beim Employer Branding. Es gilt eigene Stärken hervorzuheben statt fremde Stärken nachzuahmen. Fragen Sie zunächst:

  • Warum sollte sich ein Bewerbender gerade für unser Unternehmen interessieren?

  • Was schätzen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonders an uns als Arbeitgeber?

  • Warum sollte eine Fach- oder Führungskraft nach Eintritt in unser Unternehmen langfristig bei uns bleiben?

  • Was macht uns als Arbeitgeber einzigartig?

2. Holen Sie sich gezielt und systematisch Feedback ein, um Potenziale und Baustellen zu erkennen!

Es lohnt sich von ganz unterschiedlichen Gruppen ein Feedback einzuholen, um zu erfahren:

  • Wie stark ist die eigene Arbeitgebermarke tatsächlich?

  • Wie gut steht es um das Image des Betriebs und die Employer Brand?

  • Welche Meinungen gewinnen Bewerbende von Ihrer Firma im Bewerbungsprozess?

  • Welche Merkmale schätzen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tatsächlich an Ihrem Unternehmen?

3. Die Analyse von Wunschkandidaten für Fach- und Führungspositionen

Wenn Sie Ihre eigenen Stärken und Alleinstellungsmerkmale kennen, dann führen Sie eine Analyse Ihrer Wunschkandidatinnen und -kandidaten für Fach- und Führungspositionen durch. Bestimmen Sie im nächsten Schritt Ihre Zielgruppen und verschaffen Sie sich Klarheit über die Wünsche, Erwartungen und Bedürfnisse der Zielgruppen.

4. Die Formulierung von Werten als Arbeitgeber

Ein entscheidender weiterer Schritt auf dem Weg zur eigenen Employer Brand ist die Formulierung der Werte, für die Ihr Unternehmen steht. Aber Vorsicht, formulieren und versprechen Sie nichts nach außen, was Sie später nach innen nicht einhalten können. Wenn Sie viel Aufwand in die Employer Branding Maßnahmen stecken, diese gut in Ihr Marketing integrieren, aber die gewonnenen Talente, Fach- und Führungskräfte ihre dementsprechend gebildeten Vorstellungen nach Eintritt ins Unternehmen nicht vorfinden, dann geht der Schuss schnell nach hinten los. Folgen Sie während des Employer Branding Prozesses stets der Regel: "Authentisch sein!"

Warum ist es wichtig eine Arbeitgebermarke zu prägen, eine Employer Brand zu haben?

 Noch vor wenigen Jahren haben sich bedeutend weniger Unternehmen die Frage gestellt, warum sie sich als attraktiver Arbeitgeber darstellen sollten. Argumente dagegen waren und sind zum Teil noch heute die folgenden:

  • Arbeitskräfte sind in ausreichender Anzahl verfügbar!

  • Unser Unternehmen ist doch bekannt!

  • Die Produkte unseres Unternehmens sind doch bekannt!

  • Dazu ist unser Unternehmen zu klein!

  • Wir bekommen noch genug Bewerbungen!

Jetzt stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie stehen im Supermarkt und Sie wollen einen Kaffee aus ökologischem Anbau kaufen. Der Preis ist zunächst einmal zweitranging. Sie sind nicht sicher welchem Produkt Sie vertrauen können. In den meisten Fällen werden Sie Ihre Unsicherheit durch das Vertrauen in eine bekannte Marke wie z. B. das deutsche staatliche Bio-Siegel abbauen und ein Produkt mit Bio-Siegel wählen, das Ihnen z. B. ökologischen Landbau garantiert. Ähnlich handeln Bewerbende bei der Wahl eines künftigen Arbeitgebers. Sie greifen auf das Unternehmen zurück, welches die Eigenschaften eines guten Arbeitgebers verkörpert.Warum ist es wichtig, eine Arbeitgebermarke zu prägen, eine Employer Brand zu haben?

6 Maßnahmen, um Ihr Unternehmen als attraktive Arbeitgebermarke zu etablieren6 Maßnahmen Employer BrandingBildnachweis: Eigene Darstellung der PERWISS-Redaktion

Zusammenarbeit mit Hochschulen und Schulen

Transportieren Sie Ihre Arbeitgebermarke direkt an den Nachwuchs. Nutzen Sie dazu die intensive Zusammenarbeit mit einer oder mehreren Schulen im regionalen Umfeld. Durch gezielte Maßnahmen in und mit Schulen sowie Hochschulen können Sie Ihre Stärken als gutes Unternehmen Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden systematisch näher bringen. Unserer Perwiss-Tipps:

  • Präsentieren Sie sich auf gut besuchten und bekannten Ausbildungs- und Hochschulmessen. Hier zählt nicht die Masse von Messeauftritten, sondern Kontinuität und spezifische Ausrichtung auf die Zielgruppen.

  • Schließen Sie Kooperationsverträge mit Schulen ab und beschreiben Sie ganz konkrete Maßnahmen zur Zusammenarbeit.

  • Nutzen Sie Praktikanten und Studierende in dualen Studiengängen als Multiplikatoren Ihrer Employer Brand an der Universität oder Hochschule.

  • Sponsorn Sie Sportwettbewerbe oder andere Events, auf denen potenzielle Bewerbende anwesend sind.

Mitarbeitende als Markenbotschafter nutzen

Eine Arbeitgebermarke lässt sich hervorragend über die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter transportieren. Aus dem Mund eines Freundes, eines Sportskollegen, einer Schulkameradin klingt eine Botschaft häufig viel glaubwürdiger, als aus Hochglanzbroschüren. Einige Beispiele für gute Botschafterinnen und Botschafter:

  • ehemalige Beschäftigte, die auch nach der Beschäftigung noch Kontakt zum Unternehmen haben,

  • Studierende, die erfolgreich ein Praktikum oder eine Studienarbeit absolviert haben (Gute Betreuung zahlt sich hier langfristig aus!),

  • Schüler/innen, die ein Berufspraktikum absolvieren oder einen Ferienjob im Unternehmen haben (Denken Sie besonders an Kundenkinder, Lieferantenkinder und Mitarbeiterkinder)

Einige Firmen haben auch die Chance, Kunden und Lieferanten als Träger Ihrer Markenbotschaft einzubeziehen.

Positive Candidate Experience erzeugen

Damit Bewerbende und Firmen zusammenfinden, sind es meist die arbeitssuchenden Fach- und Führungskräfte, die über eine Bewerbung den „ersten Kontakt“ zu einem Unternehmen herstellen. Es geht natürlich auch umgekehrt z. B. über Head Hunting. Aufgrund des demografischen Wandels und den damit einhergehenden Auswirkungen auf die Verknappung der Arbeitskräfte geht der Prozess hin zu einem Kandidaten gesteuerten Arbeitsmarkt. In diesem stehen – zumindest im Rahmen des Marketings und der Ansprache – eher die Bedürfnisse der Bewerbenden als die konkreten Bedürfnisse des Unternehmens im Vordergrund. In diesem Sinne gestaltet sich ein stärker an Beziehungen orientiertes Recruiting, in welchem die Candidate Experience, also die Summe aller Erfahrungen der Bewerbenden in einem Bewerbungsprozess mit dem Unternehmen, wegweisend sind.

Kandidatinnen und Kandidaten, die auf der Suche nach einer neuen beruflichen Perspektive sind, schauen vor allem wie sich ein potenzieller Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt präsentiert und wie einfach - oder eben schwer - es gemacht wird, sich bei dem Unternehmen zu bewerben.

Betrachten Unternehmen Bewerbungsprozesse als Chance, Kontakt zu vielen verschiedenen Fach- und Führungskräften auszubauen, die ggf. später als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter im eigenen Unternehmen oder als Kontaktpersonen bei Lieferanten oder Kunden tätig sind, werden sie sich darum bemühen, immer fair, wertschätzend und wohlwollend mit Bewerbenden umzugehen. Denn nur wenige bekommen den Job, aber viele haben einen Einblick in "das Innere" eines Arbeitgebers gewinnen können. Diese fühlen sich entweder positiv bestätigt oder sind eher enttäuscht. Sicher ist, insbesondere die Enttäuschten werden darüber reden, mit ihrer Familie, ihren Freunden, Bekannten oder auch über Social Media und die oben erwähnten Arbeitgeberbewertungsportale. Auf diese Weise werden Kandidatinnen oder Kandidaten, egal ob mit einer positiven oder negativen Candidate Experience, Botschafter für die Marke des Betriebs und ein wichtiger Faktor im Marketing.

Arbeitgeberbewertungsportale

Des Weiteren spielen Arbeitgeberbewertungsportale eine zunehmend wichtigere Rolle, wie einschlägige Studien zeigen. Auf Bewertungsportalen können die Eindrücke anderer Bewerberinnen und Bewerber oder aktueller und ehemaliger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Form von detaillierten Berichten nachgelesen werden. Die Kategorien der Bewertung reichen von Gehalt, Zusatzleistungen und Karriereaussichten bis hin zu Work-Life-Balance, kollegialem Zusammenhalt und Vorgesetztenverhalten.

So können Sie sich auf diesen Seiten nicht nur über das eigene Image informieren, sondern diese Portale auch aktiv zur Außendarstellung nutzen. Motivieren Sie Ihre zufriedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Bewertung abzugeben. Je mehr Bewertungen Sie sammeln, desto realistischer zeichnet sich Ihr Bild als attraktiver Arbeitgeber ab.

Hier eine Auflistung von den wichtigsten Arbeitgeberbewertungsportalen, die in Deutschland relevant sind:

  • Das zum Business-Netzwerk Xing gehörende Portal kununu ist die größte Arbeitgeberbewertungsplattform in Deutschland und bietet vielfältige Bewertungsmöglichkeiten.

  • Jobvoting startete das erste Meinungsportal für Jobbewertungen 2006 in Deutschland.

  • Glassdoor ist in den USA sehr erfolgreich und betreibt seit 2015 auch ein deutsches Portal. Hier werden neben Informationen zum Arbeitgeber, die Höhe von Gehältern und die Qualität der Vorstellungsgespräche bewertet.

  • Auch die Stellenbörse Indeed bietet nach dem 5-Sternesystem, die Möglichkeit der Arbeitgeberbewertung.

  • Die Bewertungsplattform MeinChef ermöglicht Arbeitgeberbewertungen mit sehr detaillierten Bewertungskategorien. Außerdem stellt die Plattform Widgets für die Webseiten beliebter Arbeitgeber bereit. Hier können nicht nur Firmen, sondern auch die Führungskräfte einzelner Abteilungen bewertet werden.

  • Companize hat laut eigener Aussage seit 2010 eine faire Arbeitgeberbewertung. Merkmale wie Arbeitstätigkeit, Arbeitsklima oder Kommunikation werden mit einem Punktesystem von -5 bis +5 von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bewertet.

Perwiss-Tipps:

  • Achten Sie auch auf den verschiedenen Bewertungsportalen auf die Einhaltung des Datenschutzes!

  • Gehen Sie konstruktiv mit Bewertungen und Kritik um! Jedes Feedback ist ein Ansatzpunkt zur Verbesserung der eigenen Arbeitgebermarke.

Wettbewerbe und Gütesiegel für gute Arbeitgeber

Wie in vielen anderen Unternehmensbereichen (Qualität, Umwelt, Nachhaltigkeit, Sicherheit) gibt es auch verschiedene Gütesiegel für gute Arbeitgeber. Hierzu zählen u. a. das TOP JOB-Gütesiegel oder die Initiative Great Place to Work®, die jährlich Deutschlands beste Arbeitgeber in vier Größenklassen und nach den fünf Bewertungskategorien Vertrauen, Glaubwürdigkeit, Respekt, Fairness sowie Stolz und Teamorientierung auszeichnen. Die Mitwirkung an solchen Initiativen ermöglicht im Optimalfall das Erlangen der Auszeichnung des guten Arbeitgebers. In jedem Fall erhalten die mitwirkenden Firmen eine Vielzahl von Hinweisen zur Verbesserung ihrer Arbeitgeberattraktivität.

Social Media

Social Media ermöglichen es, eine große Anzahl von potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern 24 Stunden täglich an jedem Ort der Welt zu erreichen. Insbesondere bei jüngeren Fachkräften erfreuen sich diese Kanäle immer größerer Beliebtheit und sind ein hervorragendes Werkzeug für das Emplyer Branding. Jedoch gilt auch bei diesen Medien - schlechte Nachrichten verbreiten sich meist schneller als gute. Beachten Sie also besonders wie Sie mit potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgehen. Nicht nur die Botschaft nach außen zählt, sondern das tatsächliche Handeln bei der Personalgewinnung und Personalentwicklung. Schnell steht man mit einer schlechten Bewertung da und das ganze Marketing "geht nach hinten los".

Hier einige Ideen zur Nutzung von Social Media für das eigene Employer Branding:

  • Stellen Sie einen Imagefilm über Ihre Firma auf www.youtube.de ein!

  • Erstellen Sie eine eigene zielgruppenspezifische Karrierewebseite!

  • Twittern Sie!

  • Präsentieren Sie sich auf Portalen wie Xing oder LinkedIn, um Fach- und Führungskräfte anzusprechen!

  • Schreiben Sie einen Arbeitgeberblog! oder besser noch lassen Sie die eigenen Nachwuchskräfte und Auszubildenden in Blogs über die Arbeit berichten!

  • Nutzen Sie Instagram, TikTok oder WhatsApp um gerade jüngere Zielgruppen (z. B. Auszubildende zu erreichen). Achten Sie jedoch besonders darauf, dass der Datenschutz nicht aus dem Auge verloren wird!

  • Verlieren Sie bei allen Kanälen nicht Ihrer Ressourcen aus dem Blick.

Controlling von Employer Branding (Brand Management)

Vergessen Sie nicht, die Wirksamkeit der Employer Branding Maßnahmen zu controllen. Die Effekte können in verschiedenen Personalprozessen gemessen werden. Dazu stehen ganz unterschiedliche Kennzahlen zur Verfügung, die wir hier gegliedert haben:

Recrutingprozess

  • Anzahl der Bewerbungen gesamt,

  • Anzahl der Bewerbungen von Right Potentials auf Stellenausschreibungen,

  • Anzahl Bewerbungen pro Einstellung,

  • Anzahl der Bewerbungen pro Einstellung eines Right Potentials,

  • Kosten des Recruiting Prozesses,

  • Blindbewerbungsindikator,

  • Durchschnittliche Vakanzdauer von Stellen,

  • Anzahl angenommener bzw. abgewiesener Vertragsangebote,

  • Zeitdauer von der Bewerbung bis zur Einstellung,

  • Anzahl der Bewerbungen auf Grund von Weiterempfehlung des Unternehmens durch eigene Beschäftigte.

Weitere Kennzahlen ergeben sich, wenn analysiert wird, über welche Medien und Kanäle, welche Anzahl von Bewerbenden Zugang zum Unternehmen findet.

Arbeitgeberimage

  • Bekanntheitsgrad bei unterschiedlichen Zielgruppen (z. B. Absolventen, Schülerinnen und Schülern),

  • Imagewert bei unterschiedlichen Zielgruppen (z. B. High Potentials),

  • Positionierung im Rahmen eines Arbeitgeberrankings durch Teilnahme an Wettbewerben oder eigene Befragung der relevanten Zielgruppe,

  • Anzahl positiver Nennungen des Unternehmens in der Presse sowie

  • Anzahl der Alleinstellungsmerkmale des Unternehmens.

Mitarbeiterbindung

  • Anzahl der Right Potenzials die länger als 1, 5 oder 10 Jahre im Unternehmen verbleiben,

  • Anteil der Kündigungen von Leistungsträgern,

  • Fluktuationskosten,

  • Mitarbeiterzufriedenheitsindex (erfassbar über Mitarbeiterbefragung),

  • Krankenstand,

  • Mitwirkung an Firmenaktivitäten,

  • Mitarbeiter-Engagement-Index.

Weitere Kennzahlen

  • ROI der Employer Branding Kosten und

  • Gesamtkosten je Einstellung.

Buchtipps der PERWISS-Redaktion zu Employer Branding

Folgende Bücher liefern Ihnen praktsiche Anleitungen, Beispiele und Werkzeuge, die Sie bei der Gestaltung Ihres Employer Brandings unterstützen:

„Perspektivwechsel im Employer Branding: Neue Ansätze für die Generationen Y und Z“

Die Herausgeber Gerold Hesse und Roland Mattmüller beschäftigen sich in ihrem Werk „Perspektivwechsel im Employer Branding: Neue Ansätze für die Generationen Y und Z“ (2019) in zweiter Auflage mit Inhalten zum Employer Branding und der Personalbindung in Bezug auf Nachwuchsführungskräfte. Orientiert an den Generationen Y und Z wird auf Studien basierend eine Anleitung für erfolgreiches Employer Branding geboten.

ISBN-13: 978-3658262075

„Employer Branding für KMU: Der Mittelstand als attraktiver Arbeitgeber“

Mit Praxisbeispielen und Fallstudien richtet sich „Employer Branding für KMU: Der Mittelstand als attraktiver Arbeitgeber“ (2019) namensgebend an kleine und mittelständische Unternehmen. Wolfgang Immerschitt und Marcus Stumpf bieten neben den Grundlagen, praxisnahe Handlungshilfen zum Employer Branding von der Schaffung einer Arbeitgebermarke bis zur Budgetplanung für konkrete Maßnahmen.

ISBN-13: 978-3658231323

"Employer Branding - Strategien für die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität in KMU"

Mit „Employer Branding - Strategien für die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität in KMU“ befasst sich Yvonne Buckesfeld in ihrem Buch aus dem Jahr 2012. Nachdem die Autorin auf die Grundlagen des Employer Brandings eingegangen ist, stellt sie den Ablauf eines Employer Branding-Prozesses vor. Abschließend werden Chancen und Risiken einer Employer Branding-Strategie in KMU diskutiert.

ISBN: 3836687291