Personalmanagement und Industrie 4.0 – Neue Herausforderungen
Etliche Millionen Arbeitsplätze in Deutschland hängen von der produzierenden Wirtschaft ab. Im Zuge von Industrie 4.0, die zunehmend immer mehr und immer schneller an Bedeutung gewinnt, gilt es, deren Potenziale für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu nutzen.
Vor allem kleinere und mittlere Unternehmen können von intelligenten und digitalen Produktionsverfahren enorm profitieren. Vorausgesetzt natürlich, die Beschäftigten bringen die richtigen Voraussetzungen mit. Der Frage, welche Herausforderungen sich durch Industrie 4.0 für das Personalmanagement ergeben und wie diese in den Griff zu bekommen sind, soll sich im folgenden Beitrag genähert werden.
Ein Wandel mit Folgen – Auch für das Personalmanagement
Geht es heute um die Veränderung, bzw. den Wandel der Arbeitswelt, so geht es vornehmlich auch um die Digitalisierung und Industrie 4.0. Prägend für letztere ist nicht nur einfach, dass Computer und Maschinen in immer neueren Bereichen eingesetzt werden, sondern auch, dass diese Geräte miteinander vernetzt werden und zur Kommunikation untereinander imstande sind. Mit Hilfe von Clouds sind intelligente Geräte – darunter selbst Smartphones und Smartwatches – in der Lage, auf beinahe grenzenlose Speicher- sowie Prozessorleistung zuzugreifen und alle möglichen Anwendungen zu erreichen. Big Data-Lösungen werden es erlauben, riesige Datenmengen innerhalb weniger Sekunden nach Schlagworten durchsuchen zu können und künstliche Intelligenzen helfen Software-Systemen dabei, selbstständig zu lernen, ohne dass immer eine menschliche Arbeitskraft dabei sein muss. All diese Entwicklungen im Rahmen der Digitalisierung ermöglichen die Entstehung neuer Dienstleistungen und Geschäftsmodelle.
Für die Menschen, die bisher in Unternehmen gearbeitet haben sowie für Personalverantwortloiche bedeutet dieser Wandel:
- Es werden neue digitale Arbeitswerkzeuge eingeführt.
- Die Auswertung von Daten könnte zum Teil der Arbeitsroutine werden.
- Manche Tätigkeiten werden wohl überflüssig.
- Gerade körperlich anstrengende Arbeiten werden wohl eher an Maschinen abgegeben.
- Arbeitsplätze sowohl in IT, als auch der Datenanalyse sowie in anderen Bereichen, in denen es schwierig ist Maschinen einzusetzen (z.B. wo kreatives oder unternehmerisches Denken gefragt ist) werden hinzukommen.
Damit deutsche Unternehmen und grundsätzlich die deutsche Wirtschaft zukunftsfähig bleibt, müssen diese Punkte verinnerlicht und mit Blick auf den Wandel der Arbeitswelt bedacht werden. Mitunter bedarf es umfassender Unternehmensberatungen durch Experten in diversen Fachgebieten, beispielsweise im Verwaltungsbereich, um mit Hilfe konkreter Analysen von Anfang an erfolgreich in der digitalen Welt agieren zu können. Personalverantwortliche und Führungskräfte müssen sich auf die Herausforderungen von Industrie 4.0 bewusst einstellen und sich mit anpassen.
Personaler und Führungskräfte müssen sich anpassen
Im Grunde gilt es, für Personalverantwortliche und Führungskräfte die gleichen gedanklichen Schritte zu gehen, um die Prinzipien der Industrie 4.0 nicht nur zu verinnerlichen, sondern sie gleich umzusetzen. Personalern muss bewusst sein, welche Art von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Qualifikationen und Kompetenzen im Rahmen von Industrie 4.0 gefragt sind und wie das Verhältnis von Führungskraft zu Beschäftigten und deren Kommunikation sein wird. Führungskräfte wiederum müssen diese Verhältnisse herstellen und mitunter umdenken lernen: Es geht in Zeiten des digitalen Wandels längst nicht mehr ums Kommandieren und Kontrollieren. Führungskräfte moderner, agiler Unternehmen sind statt "Antreibern" eher Zuhörer, Trainer, Ausrichter und eben Mitarbeiter im klassischen Sinne. Das heißt, dass Verantwortung geteilt und Vertrauen gelebt werden muss. Sowohl Führungskräfte, als auch Angestellte müssen im "Wir" denken, um Erfolg zu haben.
Das bedeutet auch, dass es wichtig ist, den Meinungen und Arbeitsergebnissen der Beschäftigten wertschätzend gegenüberzutreten. In die Fähigkeiten der anderen zu vertrauen, wie in die eigenen und durch das eigene alltägliche Handeln und Denken ebendiesen Ansprüchen selbst auch gerecht zu werden. Das Personalmanagement muss in der Lage sein, echte Schwächen zu erkennen und von Misserfolgen zu trennen, aus denen neue Erkenntnisse gezogen werden können. Auch hier gilt es, im Kollektiv zu denken und zu handeln. Das Management könnte durchaus zukünftig eher die Rolle von Moderatoren, als von Alleinentscheidenden einnehmen.
Aufgabe des Personalmanagements wird es daher auch sein, Mitarbeitende und Führungskräfte auf dem Weg zu einem partizipativeren Unternehmen zu begleiten und zu unterstützen. Nur, wenn das Unternehmen seinem Personal flexible und individuelle Perspektiven sowie kreative Freiräume bietet, ist die Zukunftsfähigkeit auch mit Industrie 4.0 gesichert.
Die richtigen Anforderungen kennen
Zukunftsfähige Unternehmen brauchen Beschäftigte, die über die richtigen Qualifikationen und ein digitales Mindset verfügen. Außerdem müssen Unternehmen die organisatorischen Strukturen der Arbeit verändern.
Das Denken in meist gegeneinander abgeschotteten, festen Abteilungen sowie eine strenge Hierarchie wirken wie Bremsen auf die Transformation in Richtung Industrie 4.0. Aber auf was genau müssen Personalverantwortliche achten und wie können sie vorgehen?Zunächst gilt es, die Anforderungen zu kennen, welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in fachlicher sowie in persönlicher Hinsicht erfüllen sollten:
- Die fachlichen Anforderungen betreffen insbesondere die Daten-, Netzwerk-, Cloud- und Prozessbefähigung.
- Der Mitarbeiter von morgen zeichnet sich neben digitalem Fachwissen vor allem aber auch über persönliche Merkmale aus, da alles andere leichter erarbeitet und durch Fortbildungen nachgeholt werden kann.
- Zu diesen Merkmalen gehört an erster Stelle eine Offenheit und Flexibilität im Denken und Handeln.
- Die Bereitschaft Fehler zu machen, dafür einzustehen und daraus lernen zu wollen, sollte gegeben sein.
- Kooperationsfähigkeit ist entscheidend!
- Netzwerkbefähigung sollte vorhanden sein.
- Das Denken in Zusammenhängen sowie Ambiguitätstoleranz sind von Beschäftigten im Rahmen von Industrie 4.0 zu erwarten.
- Ein selbstbewusster Umgang mit Dynamik, Komplexität und Unsicherheit kommt hinzu.
- Rollenflexibilität wird eine Kernkompetenz der Zukunft sein: Jeder im Unternehmen kann von heute auf morgen die Rolle eines Mentors oder Coach, aber auch eines Beraters, Experten, Kollegen oder einer Führungskraft übernehmen müssen.
Nach einer Analyse auch der bisherigen Belegschaft, gilt es, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Führungskräfte für agiles Arbeiten zu qualifizieren. Hierbei wird im Bereich digitales Fachwissen weitergebildet und es müssen soziale Kompetenzen gemeinsam erarbeitet werden. Neue geeignete Beschäftigte werden nicht mehr auf alten Wegen mittels klassischer Stellenbeschreibungen gewonnen. Denn die Zielgruppe, an die man sich im Rahmen von Digitalisierung und Industrie 4.0 wendet, sucht sich ihre Aufgaben vor allem über andere Wege. So sind beispielsweise schon jetzt die sozialen Medien ein wichtiger Teil des Recruitings geworden.
Attraktivität durch Flexibilität und Modernität
Damit neu gewonnene Beschäftigte auch beim Unternehmen dauerhaft bleiben, ist es genauso wichtig, das Unternehmen für qualifizierte Fach- und Führungskräfte attraktiv zu halten. Das kann nur gelingen, indem die unternehmenseigenen Strukturen und Prozesse genauso flexibel und modern gestaltet sind und selbstverständlich stattfinden, wie die bereits genannten Anforderungen als Voraussetzungen an das Personal gestellt werden. Die Attraktivität des Unternehmens ist auch als Aufgabe des Personalmanagements im Sinne des Employer Brandings nach außen zu kommunizieren. Damit erhöht sich nicht nur die Wahrscheinlichkeit, neue qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen, sondern auch das bereits bestehende und hinzukommende Personal zu motivieren, sich stets weiterzuentwickeln.
Doch was sind äußerlich klar sichtbare und schnell umzusetzende Möglichkeiten, ein Unternehmen attraktiver und moderner zu gestalten? Nachgedacht werden kann etwa über die Entwicklung zeitgemäßer Arbeitszeit- und Präsenzmodelle. Wo bislang Zeiten von 8:00 bis 17:00 oder 9:00 bis 18:00 Uhr an der Tagesordnung standen, kann Schreibtischarbeit in vernetzten und agilen Arbeitsteams flexibler stattfinden. Industrie 4.0 bedarf sogar explizit flexibler Arbeitszeitmodelle, damit etwa zu Stoßzeiten effizienter gearbeitet werden kann, während in Ruhepausen Arbeitskraft und Energie eingespart wird. Dies wiederum bringt neue Anforderungen an die Personaleinsatzplanung mit sich.
So sind Methoden, wie etwa Excel-Tabellen und handbesteckte Personaleinsatzpläne kaum noch praktisch und ausreichend genug, um moderne Personaleinsatzplanung durchzuführen. Stattdessen liegt es an Personalabteilungen, mit gutem Beispiel voranzugehen und neue und passendere Digitalprojekte umzusetzen.
Die Human Ressources-Abteilungen sollten außerdem ein Umfeld schaffen, in welchem agiles Arbeiten die Möglichkeit hat, sich zu entfalten. Zu einer entsprechenden Unternehmenskultur gehören Partizipations- und Reflexionsstrukturen genauso wie Mechanismen, mit denen Innovationsgeist und die Freude am Experimentieren und Ausprobieren belohnt werden können. Auch Führungskräfte müssen für ihre Reputation an sich arbeiten – schließlich lernen nur wenige schon jetzt, dass man als Manager seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vollends vertrauen und sich auf das Team verlassen kann. Und nicht jedem ist instinktiv bewusst, wo Freiräume auf sinnvolle Weise eingeräumt werden können und wo dagegen doch wieder klassische Führungsentscheidungen gefordert sind.