Auswirkungen von New Work
Bildnachweis: Shridhar Gupta

Die wandelnde Zukunft der Arbeit: Bedingungen und Auswirkungen von New Work

10. Oktober 2023

In einer sich stetig verändernden Arbeitswelt stehen Unternehmen vor der Herausforderung, sich an neue Konzepte und Arbeitsweisen anzupassen. New Work ist ein Schlagwort, das in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat und einen Wandel in der traditionellen Arbeitskultur und -struktur verspricht. Doch welche Auswirkungen hat die Einführung von New Work-Konzepten tatsächlich? In einem exklusiven Interview stellen wir drei zentrale Fragen rund um New Work an zwei HR-Praxisexperten: Patrik Rendel, Regional Manager DACH beim Top Employers Institute und Nicolas Kreyenkamp, Gründer des Hamburger Recruiting-Startups Performance Recruiting GmbH.

Welche Auswirkungen hat die Einführung von New Work-Konzepten auf die traditionelle Arbeitskultur und -struktur in Unternehmen?

Die Anforderungen an eine Führungskraft ändern sich dramatisch. Im Jahr 2023/24 werden Führungskräfte zu Experten im Zuhören und müssen auf die Signale eines sich verändernden Umfelds achten, um strategisch und flexibel in Bereichen wie dem Talentbedarf des Unternehmens und der Ausrichtung der Führungskultur planen zu können. Ein Wandel in der Riege der Führungskräfte ist daher wahrscheinlich. Patrik Rendel erklärt: "Als Führungskraft sind die Tage der gefühlten Kontrolle gezählt – ‚gefühlt‘ daher, weil die Kontrolle, die ich durch Anwesenheit meiner Mitarbeiter im Büro hatte, ja auch keine wirkliche war. Jetzt bleibt mir als Führungskraft nichts anderes übrig als meinen Mitarbeitenden zu vertrauen und mit ihnen an den Aufgaben zu arbeiten, anstatt die Anwesenheit für einen Zeitraum X zu bewerten.".

Die Personalisierung der Mitarbeitererfahrung bedeutet, dass die einzigartigen Bedürfnisse, Vorlieben und Wünsche jedes einzelnen Mitarbeiters verstanden und berücksichtigt werden. Es geht darum, das Wohlbefinden, die Fortbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, das Arbeitsumfeld und die Work-Life-Balance auf den Einzelnen zuzuschneiden. Was bisher ‚menschenzentriert‘ war, wird nun ‚personenzentriert‘ betrachtet. Dies lässt sich durch gezielte Maßnahmen in Strukturen ermöglichen. "Als Personal-Experten wollen wir die Veränderung aktiv mitgestalten, die wir in der HR-Welt sehen wollen. Wir haben flexiblere Arbeitszeiten und -orte eingeführt, was eine gesunde Work-Life-Balance unterstützt. Außerdem haben wir hierarchische Strukturen abgebaut, was zu einer offeneren Kommunikation und einer kollaborativen Kultur geführt hat. Allgemein wollen wir im Team mehr Eigenverantwortung und Freiheit ermöglichen.", erläutert Nicolas Kreyenkamp.

Inwiefern unterstützt New Work die Mitarbeiterbindung und -motivation? Können Sie konkrete Beispiele dafür geben?

Die Einführung von New Work-Konzepten kann die Mitarbeiterbindung und -motivation erheblich verbessern. Eine positive Folge ist das erhöhte Engagement der Mitarbeiter, insbesondere nach den Herausforderungen der COVID-19-Pandemie. "Für mich ist der Kern des positiven Einflusses von New Work auf die Mitarbeiterbindung und -motivation, dass der Ansatz meiner Meinung nach darin besteht einen jeden Mitarbeitenden als Individuum ernst zu nehmen und auch so zu behandeln, wenn es darum geht, wie die Arbeit (im Rahmen der Möglichkeiten, die mit dem Job zusammenhängen) ausgeführt werden kann.", sagt Partik Rendel. Wenn sich Mitarbeiter gesehen, gehört und geschätzt fühlen, engagieren sie sich stärker für ihre Arbeit und das Unternehmen. Dies führt zu einer höheren Arbeitsqualität und Attraktivität für neue Mitarbeiter.

Ein weiterer Vorteil ist das verbesserte Leistungsmanagement durch personalisiertes Feedback und Coaching. Diese Faktoren steigern die Arbeitszufriedenheit und Karriereentwicklung. Durch die Anpassung von Fortbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten können Unternehmen ihren Mitarbeitern helfen, die für ihren Erfolg notwendigen Fähigkeiten zu erwerben. „Wir erkennen eindeutige Verbindungen bei unseren Projekten. Ein Beispiel hierfür ist die Nachfrage nach flexiblen Arbeitszeitmodellen. Kandidaten wollen ihre Arbeitszeiten an ihre persönlichen Bedürfnisse anpassen, was ihre Zufriedenheit steigert. Zudem sind wir von internen Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten überzeugt, was die langfristige Mitarbeitermotivation erhöht. Der ‚persönliche Fit‘ spielt daher eine tragende Rolle in der Bindung.“, so Nicolas Kreyenkamp. Die Möglichkeit für Mitarbeiter, ihren Arbeitsort und ihre -zeit selbst zu wählen, schafft Vertrauen und fördert das Gefühl der Zugehörigkeit zur Organisation. Mitarbeiter können effizienter arbeiten und ihre produktivsten Zeiten nutzen.

Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Umsetzung von New Work in Unternehmen und wie können diese bewältigt werden?

Die Umsetzung von New Work in Unternehmen birgt Herausforderungen. Eine davon besteht darin, die Mitarbeitererfahrung zu optimieren. Unternehmen müssen die gesamte Reise des Mitarbeiters aus seiner Perspektive betrachten und die Mitarbeitererfahrungen detailliert erfassen, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Doch solch eine Optimierung muss von beiden Seiten gewollt und möglich gemacht werden. Ein gemeinsames Bestreben ist entscheidend und Mitarbeiter sollten aktiv in die Umsetzung neuer Konzepte eingebunden werden. Dies kann durch Workshops, Teamsitzungen und Lerneinheiten erreicht werden: "Noch sehen wir Veränderungsresistenz bei manchen Auftraggebern: Viele Entscheider, aber auch Mitarbeitende sind an traditionelle Arbeitsweisen gewöhnt. Dazu zählt auch der klassische Top-Down-Ansatz, der bei New Work keinen Platz mehr hat. Ein vielfältiges Team, das seine Ansprüche kennt und die Umsetzung mitgestaltet, ist entscheidend, um diese Transformation gut zu bewältigen.", fügt Kreyenkamp an.

Eine weitere Herausforderung besteht darin, die Führung auf die Ziele und Visionen des Unternehmens auszurichten. Führungskräfte müssen aktiv in den Veränderungs- und Feedbackprozess einbezogen werden, insbesondere wenn sie individuelle Mitarbeiter motivieren sollen. Dazu benötigt es ehrliche Einsichten und Rückmeldungen. Rendel erklärt diesbezüglich: "Wissen ist Macht! Und das ist neben dem Feedback, das ein Top Employer von uns bekommt - Outside In -, auf jeden Fall auch die Frage an die eigenen Mitarbeitenden - Inside Out - à ‚Was braucht ihr, damit ihr euren Job machen könnt?‘. Der Kern ist hier also Daten, Daten, Daten – und das meint nicht nur die klassischen HR-KPIs, die sich eher auf die Messbarkeit der geleisteten Arbeit richtet, sondern tatsächlich der Input eines jeden Mitarbeiters, was ihr oder ihm wichtig ist und wo sie oder er Entwicklungspotenziale sieht."

New Work als zukunftsweisendes Konzept erfordert von Führungskräften ein Umdenken in Richtung strategischer Flexibilität und Zuhören von HR-Abteilungen zu einer verstärkten Personalisierung der Mitarbeitererfahrung. Der Wandel zum neuen Ansatz kann die Mitarbeiterbindung und -motivation verbessern, indem es Raum für individuelle Bedürfnisse und Flexibilität schafft. Trotz der Chancen, die es bietet, sind Herausforderungen zu überwinden und die Mitwirkung der Mitarbeiter ist dabei maßgeblich. Gemeinsam bietet New Work eine vielversprechende Zukunft, in der die Arbeitswelt zunehmend personenzentriert und flexibler wird.