Diversity Management - Vielfalt in Unternehmen
Diversity Management, Vielfaltsmanagement oder auch Antidiskriminierungspolitik – egal welche Benennung wir wählen, es stehen immer Konzepte zum Umgang mit personeller Vielfalt im Fokus. Erfahren Sie mehr zu Diversity, Diversity Management, der praktischen Umsetzung und zur Relevanz für Unternehmen.
Das aus den USA stammende strategische Konzept der Unternehmensführung fokussiert die Heterogenität der Mitarbeitenden und versucht die vielfältigen Potenziale zu aktivieren. Die Unterschiede werden als positive Ergänzungen wahrgenommen und durch die entsprechende Unternehmenskultur hervorgehoben und mittels ganzheitlicher Strategie ausdrücklich gefördert.
Was meinen wir eigentlich, wenn wir von personeller Heterogenität im Kontext Arbeit sprechen? Diversity wird im Duden mit Vielfältigkeit übersetzt und meint bezogen auf die Arbeitswelt die Gemeinsamkeiten und Unterschiede einer Belegschaft.
Laut Charta der Vielfalt entsteht Diversität dort, „wo sich Unterschiede unter einem gemeinsamen Ziel verbinden“. Diese Unterschiede sind sowohl äußerlich erkennbare Merkmale als auch Eigenschaften, die nicht direkt sichtbar sind.
Bei der personellen Vielfalt werden die Kerndimensionen (auch Primärdimensionen) Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft, Nationalität, Behinderung, sexuelle Orientierung und Religion betrachtet. Die Deutsche Gesellschaft für Diversity Management stellt zudem noch folgende Sekundärdimensionen von Diversität auf: Einkommen, Beruflicher Werdegang, Geographische Lage, Familienstand, Elternschaft sowie (Aus-) Bildung.
Bildnachweis: Eigene Darstellung in Anlehnung an Süß, S. (2009): Die Institutionalisierung von Managementkonzepten: Diversity-Management in Deutschland.
Diversity Management steht für die Art und Weise des Umgangs mit vielfältigen Fähigkeiten, Eigenschaften und Identitäten der Belegschaft. Diversity Management fokussiert die Identifizierung der heterogenen Aspekte der Menschen im Unternehmen, um sie anschließend konzeptionell zu nutzen.
Das personalpolitische Konzept ist seit ca. den 1990er Jahren im deutschsprachigen Raum vertreten, vor allem im privatwirtschaftlichen Sektor. Als Vorreiter der amerikanischen Großkonzerne, die den Vielfaltsgedanken nach Deutschland importiert haben, gelten unteranderem IBM, McDonalds und Ford. 1996 hat beispielsweise der Konzern Ford Diversity Management weltweit in seine Unternehmensstrategie integriert und 1999 wurde IBM Deutschland mit dem "Total E-Quality Prädikat" für seine chancengleiche Personalstrategie ausgezeichnet.
In herkömmlichen Organisationen wird davon ausgegangen, dass Vielfalt existiert, aber ebenso auch ein homogenes Ideal bzw. ein sogenannter "Norm(al)arbeitnehmender". Diese dominante Gruppe bestimmt maßgeblich die Werte und Normen des Unternehmens. Mitarbeitende, die dieser Gruppe nicht angehören, erfahren folglich Ausgrenzungen auf Grund der Andersartigkeit. Diese entstehende Monokultur birgt viele Potenziale für Konflikte, ist ökonomisch unwertvoll und hemmt maßgeblich den Erfolg des Unternehmens.
Diversity Management wird als Handlungsgrundlage für den Umgang mit heterogenen Gruppen verstanden, aber auch als Philosophie oder Strategie eines Unternehmens. Organisationen reagieren somit auch auf gesellschaftliche, rechtliche und wirtschaftliche Veränderungen. Demnach sieht sich die Unternehmenspolitik verpflichtet, solche Mannigfaltigkeit angemessen zu berücksichtigen. Diversity Management etabliert daher Bedingungen, die Chancengleichheit erreichen und Diskriminierungen verhinden.
Das Konzept wird als laufender Veränderungsprozess verstanden, der alle Bereiche des Unternehmens betrifft, fordert und das Erreichen der Unternehmensziele erleichtert. Im Diversity Management wird die Belegschaft in ihrer Fülle wahrgenommen und wertgeschätzt, um so die Individualität der Menschen zum Vorteil aller, und insbesondere auch des Unternehmens, zu nutzen. Die Heterogenität der Angestellten bezieht sich somit auf eine betriebswirtschaftliche Unternehmensführung und ist dadurch als Schlüssel-Thema des Personalmanagements zu sehen.
Durch den Wertewandel und die Zunahme der Antidiskriminierungsbewegungen wird Diversity Management immer häufiger als Entscheidungs- und Qualitätskriterium bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern herangezogen.
Durch das 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) findet der Umgang mit Vielfalt in Unternehmen noch größere Anerkennung. Durch das Gesetz soll eine Diskriminierung aus rassistischen Gründen oder auf Grund der Aspekte ethnische Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, Geschlecht oder sexuelle Orientierung verhindert werden. Dieser Schutz gilt für jegliche private Akteure, demnach sind diese konkreten Pflichten und Regeln sowohl für Arbeitgebende als auch für Arbeitnehmende verbindlich.
Der rechtliche Schutz gilt sowohl beim Bewerbungsverfahren potenzieller Mitarbeiter als auch beim Verhindern von Benachteiligungen und Diskriminierung im Arbeitsalltag, bis hin zu konkreten Forderungen auf Schadensersatz oder Entschädigungen.
Das AGG, als Gesetz auf Bundesebene, ist jedoch nicht die einzige rechtliche Grundlage. Auch in den allgemeinen Grundrechten wird ein Diskriminierungsverbot, die Gleichheit vor dem Gesetz und die Integration von Menschen mit Behinderung definiert.
Durch die ganzheitliche Konzeptionierung erreicht Diversity Management Nutzen auf allen Ebenen im Unternehmen, sowohl für Mitarbeiter, Teams als auch für die Organisation an sich, und beeinflusst so direkt den Unternehmenserfolg. Die Charta der Vielfalt definiert vier zentrale Vorteile eines Vielfaltsgedankens in Unternehmen:
Insgesamt führt eine ganzheitliche Diversity-Strategie also zu einer erhöhten Produktivität und Leistung von Organisationen, da die Atmosphäre von Offenheit und Wertschätzung definiert wird. Diese Art der Unternehmenskultur fördert die Motivation der Fachkräfte, sodass in Folge von einer erhöhten Mitarbeiterbindung ausgegangen werden kann. Dieses Miteinander und auch das positive Image stellen einen wesentlichen Erfolgsfaktor im Wettbewerb um neue Fachkräfte dar.
(Quelle: in Anlehnung an das BMWI (2012): Fachkräfte sichern.)
(Quelle: in Anlehnung an das BMWI (2012): Fachkräfte sichern.)
Diversity Management muss ganzheitlich im Unternehmen implementiert und laufend angepasst werden. Damit die Strategie auch Nutzen bringt, bedarf es gewisser Voraussetzungen:
Die Einführung eines Diversity-Konzepts sollte einen Plan mit spezifischen Leitfragen folgen:
Um Diversität als Konzept im Unternehmen zu implementieren, stehen verschiedene Maßnahmen zur Verfügung. Diese können sowohl auf einen sofortigen Erfolg abzielen als auch langfristig angelegt sein. Insbesondere die Flexibilisierung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes haben sich in der Praxis bewährt.
Viele Unternehmen und öffentliche Einrichtungen setzen den Vielfaltsgedanken bereits praktisch um. Zum Austausch von Erfahrungen werden beispielsweise bei der Charta der Vielfalt Erfolgsgeschichten veröffentlicht und auf der Plattform "Impact of Diversity " wird 2022 erstmalig der Award für bemerkenswerte Diversity-Ansätze und -Initiativen verliehen.
Der jährliche „eLearning AWARD“ vom eLearning Journal fokussiert aktuelle Projekte von Einrichtungen der DACH-Region, die in der betrieblichen Bildung auf digitale Medien zurückgreifen. Prämiert werden innovative und beeindruckende Projekte in verschiedenen Kategorien, die durchaus als Inspiration oder Vorlage fungieren können. Auch das Thema Antidiskriminierung wird hier mit aufgegriffen, sodass 2021 die „Dirk Rossmann GmbH“ den Award in dieser Kategorie bekommen hat.
Das Projekt basiert auf dem E-learning-Format Serious Games und gestaltet sich als eine kreativ umgesetzte AGG-Schulung, die durch eine Art Suchbild eingeleitet wird. In den diversen Themenkapiteln öffnen sich realitätsnahe Stories und interaktive Quiz. In der virtuellen Büroszene sollen die Mitarbeiter Auffälligkeiten in Bezug auf die Thematik Diskriminierung finden. Das Suchbild stellt zudem ein interaktives Menü dar, durch das direkt in das jeweilige Lernkapitel gesprungen wird. Durch realitätsnahe Stories, Identifikationsfiguren und abwechslungsreiche Quizszenarien greift dieses Lernformat ein heikles und oft trockenes Thema spielerisch auf. Zusammenfassend sensibilisiert dieses Point-an-Click-Game für Diskriminierungsfälle und entspricht zudem der im AGG festgelegten Arbeitgeberpflicht „Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen“ zu treffen.
Nachdem Sie diverse Maßnahmen im Unternehmen etabliert haben, wollen Sie natürlich auch messen, inwiefern Ihre Diversity-Strategie Erfolg bringt. Ein regelmäßiges Controlling ist daher sinnvoll, um herauszuarbeiten, ob die ausgewählten Strategiekomponenten zielführend sind.
Bei der Erfolgsmessung wird sich immer an den Zielen des Diversity Managements orientiert. Jedoch gibt es bei vielen Indikatoren nicht die Möglichkeit, eine messbare Größe gegenüberzustellen. In der Aufstellung vom Kompetenzzentrum Fachkräftesicherug (KOFA) werden folgende Möglichkeiten zur Messung bestimmter Diversity Ziele zusammengefasst:
Innovationsboost:
• positive Bewertung vom Mitarbeiter, bspw. in Gesprächen oder Befragungen
• die Zahl der Ideen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist gestiegen
Attraktivität:
• Steigung der Bewerbungsanzahl, insbesondere von bisher weniger vertretenen Gruppen
• Positive Rückmeldungen in Mitarbeitergesprächen oder -Mitarbeiterbefragungen
• Anerkennung und positive Bewertungen in der Öffentlichkeit
Marketing:
• Neue Kundenbeziehungen, bspw. neue Geschäftskunden im Ausland
• Positives Kundenfeedback zur Vielfalt
Vermeidung von Vakanzen:
• Zahl der unerwünschten Fluktuation ist gesunken
• Anzahl der passend besetzten Stellen ist gestiegen
Eine wichtige Kennzahl ist zudem der Return of Investment (ROI), der den Nutzen aufgewendeter finanzieller Mittel beschreibt. In der Berechnung wird das Verhältnis aus dem Gewinn und dem eingesetzten Kapital für bestimmte Maßnahmen fokussiert. Die Formel lautet:
Das Konzept der Work-Life-Balance erfährt zunehmender Bedeutung, nicht zuletzt, weil in Unternehmen immer mehr die funktionale Sichtweise auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abnimmt. Das Konzept postuliert die Berücksichtigung des Privatlebens eines Jeden, welches möglichst stressfrei mit der Arbeit in Einklang gebracht werden soll. Hierbei ist der Arbeitnehmende nicht mehr in alleiniger Verantwortung, sondern die Unternehmen sollen einen wesentlichen Beitrag zur Work-Life-Balance tätigen.
Unter diesem Sammelbegriff werden vielfältige Maßnahmen zusammengefasst, die durch institutionelle Absicherung situatives und freies Handeln der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermöglichen. Spätestens seit den 70er-Jahren werden in der Unternehmenspraxis immer wiederkehrend Maßnahmen zur Arbeitszeitgestaltung, zur Kinderbetreuung sowie zur Frauenförderung subsumiert. Insbesondere der letzte Maßnahmenschwerpunkt erlangt im Rahmen einer ganzheitlichen Diversity-Strategie - neben der Chancengleichheit - Bedeutung. Möglichkeiten, die für die Balance der Erwerbstätigkeit und das Privatleben förderlich sind, unterstützen zudem auch diverse Mitarbeiter. So kann die Flexibilisierung der Arbeitszeit im Rahmen einer Altersteilzeit insbesondere der älteren Belegschaft zugutekommen, wobei die Flexibilisierung der Zeit an sich schon enorme Vorteile für private Verpflichtungen mit sich bringt.
Bildnachweis: statista
In der Wissenschaft wird in diesem Zusammenhang auch die Gender Care Gap stetig diskutiert. Hierbei soll die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an gesellschaftlichen Prozessen optimiert werden. Diese Herausforderung kann laut BMFSFJ nur gelingen, wenn unabhängig des Geschlechtes der unbezahlten Sorgearbeit nachgegangen werden kann.
Laut dem zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung zeigt die aktuelle Situation jedoch noch gravierende Nachteile für die weibliche Bevölkerung: Frauen wenden täglich durchschnittlich 52,4 Prozent mehr Zeit für die Carearbeit auf als Männer. In Konklusion verwenden Frauen damit in etwa 87 Minuten mehr Zeit für die Kinderbetreuung, die Haus- und Gartenpflege sowie für ehrenamtliches Engagement.
Der Nachteil des Gender Care Gap zeigt sich in der Erwerbstätigkeit für Frauen. Das weibliche Geschlecht hat deutlich weniger zeitliche Ressourcen für die bezahlte Erwerbstätigkeit zur Verfügung, sodass sich wirtschaftliche Nachteile ergeben: vom niedrigen aktuellen Einkommen bis hin zu niedrigen Alterssicherungsansprüchen.
Durch eine Unternehmenspraxis, die sich der Förderung der Work-Life-Balance verpflichtet fühlt, kann dieser Nachteil ausgeglichen werden: beispielsweise durch betriebsinterne Betreuungsangebote für die Kinder, durch Gleitzeitmodelle und Home-Office-Optionen.
In der zunehmenden Namensvielfalt von Diversity Management fällt auch oft der Begriff Gender Mainstreaming. Gender Mainstreaming wird als ein Prinzip zur (Um-) Gestaltung von Geschlechterverhältnissen, insbesondere im öffentlichen Dienst, definiert.
Beide Konzepte haben vielfältige Verschränkungen und Gemeinsamkeiten. Sie streben einen Change-Prozess in der Organisation an, um Chancengleichheit zu gewähren. Sie bieten damit eine hilfreiche Orientierung im Rahmen des Diversity Managements.
Der Ursprung des Konzepts Gender Mainstreaming lässt sich in den 1970er Jahren verorten. Hier wurde in der Vorbereitung auf die UN-Weltfrauenkonferenz 1985 in Nairobi von der transnationalen Frauenbewegung ein Abschlussbericht mit dem Namen „Zukunftsstrategien von Nairobi zur Förderung der Frau“ verfasst. In diesem Bericht wurden - durch die Forderungen von internationalen Entwicklungsorganisationen und Frauennetzwerken, nach der Einbindung von Genderperspektiven in allen Phasen der Entwicklungszusammenarbeit - der Grundstein des heutigen Gender Mainstreamings gelegt.
Im Jahr 1997 nahm die Europäische Union das Konzept in den Amsterdamer Vertrag als verbindliche Richtlinie für alle EU-Mitgliedstaaten auf und am 26. Juli 2000 wurde die Richtlinie auf deutscher Ebene verankert. Auf nationaler Ebene kann Gender Mainstreaming als Organisationsentwicklungskonzept bezeichnet werden, welches auf die einflussreichere Beteiligung von Frauen an sozialökonomischen Entwicklungen abzielt. Es wurde darüber hinaus zur Grundlage des Regierungshandelns der Bundesregierung erklärt.
In Konklusion spielt Gender Mainstreaming eine Rolle bei der Durchführung unternehmerischer Maßnahmen, da bei jeglicher Planung, Durchführung und Auswertung von Maßnahmen die Auswirkung auf die Gleichstellung von Frauen und Männer berücksichtigt werden muss. Hierbei sind insbesondere die individuellen Lebenslagen der Geschlechter mit einzubeziehen.
Eindeutig JA! Diversity Management ist kein kurzfristiges Trendthema, sondern zeigt sich aktueller Beliebtheit in den Unternehmen. Auch die Bundesregierung steht hinter dem Thema und unterstützt seit 2006 die Charta der Vielfalt, um so Unternehmen die Implementierung zu erleichtern.
Diversity Management ist ein amerikanisches Konzept, welches in den 1990er Jahren in Deutschland eintraf. Durch amerikanische Großkonzerne mit Standorten in Deutschland wurde der Vielfaltsgedanke in der Bundesrepublik präsent. Seither setzen immer mehr Unternehmen auf den Vielfaltsgedanken und erkennen die Relevanz des Konzeptes. 3800 Unternehmen haben aktuell die Charta der Vielfalt unterzeichnet, welche eine Selbstverpflichtung zu Diversity darstellt.
Durch Diversität in der Belegschaft ergibt sich eine bessere Zusammenarbeit in Teams, wandelt sich die Unternehmenskultur, was die Zufriedenheit und Bindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachhaltig fördert und zudem wird die Arbeitsatmosphäre an sich spannender gestaltet. (Diversity Management Studie, 2021, PageGroup)
Es gibt kein Medium oder keine Gelegenheit, die nicht als Sprachrohr für Diversity Management genutzt werden kann. Das Bewerbungsgespräch, das Internet sowie das Unternehmensleitbild sind die TOP-Kanäle, aber auch Stellenausschreibungen und Social Media sollten nicht vernachlässigt werden, wenn es darum geht die Vielfalt des Unternehmens zu kommunizieren. (Diversity Management Studie, 2021, PageGroup)
Aktuell werden insbesondere die Themen kultureller Background, ausgleichende Geschlechterverhältnisse und der offene Umgang mit LGBTQ-Themen in Unternehmen fokussiert. (Diversity Management Studie, 2021, PageGroup)