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Insights: Sarah Rögner „Über Events schreibt ein Team seine Geschichte“
Sarah Rögner ist erfahrene Beraterin im Bereich Personal- und Organisationsentwicklung. Seit 2021 ist sie Geschäftsführerin der MA&T Organisationsentwicklung GmbH in Magdeburg. Als Master-Psychologin, ausgebildeter Karriere-Coach, zertifizierte Mediatorin gemäß § 2 Abs. 6 ZMediatAusbV und Online-Mediatorin hat sie zahlreiche Teams durch Phasen des Wandels begleitet – von der klassischen Zusammenarbeit im Büro bis hin zu Teams in Schichtarbeit im Produktionskontext. Ihr besonderer Fokus liegt auf moderner Teamentwicklung, inklusive Leadership und Empowerment in sich wandelnden Arbeitswelten.
Frau Rögner, wie definieren Sie Teamentwicklung im heutigen organisationalen Kontext?
Als die zentrale und alle Teammitglieder verbindende Aufgabe! Teamentwicklung, ob bewusst oder unbewusst, findet stets und ständig statt. Es handelt sich um einen kontinuierlichen Prozess, der über Meilensteine gelenkt werden kann, der jedoch nicht zu einem echten Abschluss kommt.
Durch die Dynamik des Arbeitsmarktes stehen Teams viel öfter als früher vor der Herausforderung, Teammitglieder zu verabschieden und neue willkommen zu heißen und zu integrieren – und das möglicherweise ohne sich persönlich zu sehen. Jede personelle Veränderung ändert auch das Zusammenspiel im Team. Zusätzlich müssen sich Teams mit Megatrends in der Arbeitswelt befassen, von flexiblen Arbeitskonzepten über Digitalisierung bis hin zu KI.
Das klingt ja mitunter nach einem durchaus anstrengenden Prozess, sodass möglicherweise nicht alle mit voller Motivation dabei sind oder auch verdeckte Konflikte sichtbar werden? Wie gehen Sie mit solchen Herausforderungen um?
Letztendlich geht es bei Teamentwicklung ja darum, gemeinsam besser zu werden. Dafür braucht es Gelegenheiten und Räume, das anzusprechen, was sonst unter dem Radar bleibt, vor sich hin schwelt oder nur „im kleinen Kreis“ thematisiert wird. Insofern ist Teamentwicklung nicht immer bequem.
Im ersten Schritt gilt es, eine Atmosphäre zu schaffen, die ermutigt, offen und ehrlich zu sich selbst und dem Team zu sein – sprich: psychologische Sicherheit. Denn, ein zu großes Harmoniebedürfnis oder Sorgen vor Repressalien können zur Zurückhaltung abweichender Perspektiven und individueller Bedürfnisse führen, was den Gesamtfortschritt lähmt.
Danach steht oft die Frage im Raum: Aber WIE kann ich das ansprechen? Hier zeigt sich der Mehrwert externer Moderation. Denn diese kann allen Teammitgliedern eine einheitliche Struktur zur Formulierung eigener Bedürfnisse oder konstruktiver Kritik anbieten und auf die Einhaltung der damit verbundenen Regeln achten. Die meisten Menschen wissen, WAS sie sagen wollen. Die Hemmschwelle es zu tun, liegt aus meiner Sicht an mangelnder Sicherheit für eine geeignete Form. In Teamworkshops habe ich gute Erfahrungen mit gewaltfreier Kommunikation, der Reflexion von Triggerpunkten oder auch der Umformulierung von Kritik in Wünsche gemacht.
Sind die wunden Punkte erst einmal auf dem Tisch, kann konstruktiv daran gearbeitet werden.
Jetzt haben Sie schon verschiedene Methoden und Techniken benannt. Welche Bestandteile sollten in einer Teamentwicklung denn unbedingt enthalten sein?
Mein erster Gedanken ist hierzu sofort Reflexion. Wir leben in einem rasanten Tempo, alles muss schnell gehen, kurze Fragen, schnelle Antworten. Viele fühlen sich getrieben, gejagt und gestresst. Kaum jemand nimmt sich bewusst die Zeit, inne zu halten, zurück zu blicken und vor allem all das Gute und Positive zu würdigen. Sich als Team täglich den Aufgaben und Anforderung zu stellen, ob im Büro oder in der Produktion, und dabei trotz Stress gut miteinander umzugehen, ist eine Leistung. Insofern sollte eine Teamentwicklung immer Raum für Reflexion und Rückschau bieten, sodass Ressourcen und Erfolge bewusstwerden. Das gibt Kraft für alle Herausforderungen, die auf das Team zukommen.
Manchmal entsteht der Eindruck, dass Teamentwicklung mit reinen Spaßveranstaltungen gleichgesetzt wird, so nach dem Motto „… und dann waren wir alle im Hochseilgarten und haben diese ‚Wir-lassen-uns-in-die-Arme-fallen-Übung‘ gemacht, bevor es abends so richtig gemütlich wurde“! Was denken Sie dazu?
Die Gestaltung eines Teamtages oder Teamworkshops hängt absolut von der aktuellen Situation im Team und von der Zielstellung ab, die mit der Teamentwicklung erreicht werden soll.
Manchmal kann ein erlebnisreicher Tag, der Raum für Spaß und gemeinsame Aktivitäten bietet, genau das sein, was das Team braucht und wieder beflügelt. Für ein anderes Team, das beispielsweise gerade mit internen Streitigkeiten zu kämpfen hat, passt eine „reine Spaßveranstaltung“ wiederum gar nicht.
Die Herausforderung liegt darin, eine angemessene Mischung aus inhaltlicher Arbeit und Beziehungspflege zu finden. Gerade das Soziale lässt sich wunderbar durch das gemeinsame Lösen von ungewöhnlichen Aufgaben (z. B. Teamspielen) arrangieren. Hier kommen Teammitglieder in einem ganz anderen Kontext zusammen oder auch diejenigen, die sonst weniger direkte Berührungspunkte haben. Man lernt sich besser kennen, entdeckt Gemeinsamkeiten, die wiederum sympathisch machen und zukünftig die Hemmschwelle senken, aufeinander zuzugehen.
Über Workshops und Events schreibt ein Team Geschichten und seine Geschichte: „… weißt du noch als Tom beim Kanufahren ins Wasser gefallen ist oder als Lisa die Idee hatte, wie wir den Knoten in das Seil bekommen?“ Diese Momente sorgen für den „sozialen Kleber“ im Team und bleiben im Kopf, weil sie eben nicht alltäglich sind.
Frau Rögner, Sie sprachen bereits über psychologische Sicherheit. Dieses Thema wird in Zeiten von Krisen und Umbrüchen für viele Mitarbeitende immer wichtiger. Ein Teamevent ist kein „business as usual“ und für manch einen Mitarbeitenden noch Neuland. Können Sie unseren Leser:innen fünf Checkpoints mit auf den Weg geben, die psychologische Sicherheit im Hinblick auf ein Teamevent zu stärken?
Vor dem Hintergrund der Planung und Durchführung von Teamevents werden Stärken im Führungsverhalten schnell sichtbar – Transparenz, partizipative Teilhabe und Vorbildfunktion sind hier als Beispiele zu nennen. Wer sein Team bereits in der Planung beim Sammeln von Ideen zu der Durchführung eines Teamevents einbezieht, den Tagesablauf klar offenlegt, Raum für Nachfragen schafft und selbst mit Vorfreude auf das anstehende Teamevent blickt, wird Mitarbeitende zur Teilnahme motivieren können. Unterschwellige und offene Konflikte zwischen Mitarbeitenden oder Teams, können ein Hindernis darstellen. Kommen Sie ins Gespräch, ob Konflikte vor einem Teamevent auf ein Mindestmaß heruntergefahren oder gelöst werden können oder was es für alle Beteiligten bräuchte, an diesem Tag teilnehmen zu können und in einen harmonischen gemeinsamen Tag aufzubrechen.
Hier also meine 5 Checkpoints:
Herzlichen Dank, Frau Rögner, für Ihre spannenden Einblicke und persönlichen Erfahrungen rund um Teamentwicklung in modernen Arbeitswelten. Ihr Expertenwissen und Ihre Reflexionen zeigen eindrucksvoll, welchen Stellenwert Teamarbeit und kontinuierliche Weiterentwicklung – gerade im digitalen und hybriden Kontext – heute haben.
Für alle, die das Thema vertiefen oder praktische Tools und Hintergrundwissen suchen, empfehlen wir einen Besuch auf der Webseite www.perwiss.de. Dort finden Sie umfassende Beiträge, Methoden und nützliche Werkzeuge rund um Teamentwicklung und Personalmanagement – sowohl für die Praxis als auch für die persönliche Weiterbildung.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.perwiss.de – dem Fachportal für Personalmanagementwissen und Teamentwicklung.