Psychologische Sicherheit in der Arbeitswelt – Wie Führungskräfte und Personaler den Unterschied machen
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Psychologische Sicherheit in der Arbeitswelt – Wie Führungskräfte und Personaler den Unterschied machen

22. Oktober 2025
Katja Wallisch

Die moderne Arbeitswelt befindet sich im ständigen Wandel – neue Formen der Zusammenarbeit, Digitalisierung und die Notwendigkeit von Innovation prägen den Alltag vieler Unternehmen. Inmitten dieses Wandels hat sich ein Faktor als essenziell für erfolgreiches Arbeiten im Team erwiesen: die psychologische Sicherheit. Sie beschreibt die geteilte Überzeugung in einer Arbeitsgruppe, dass man sich ohne Angst vor negativen Konsequenzen zeigen, Fehler machen und Ideen einbringen darf (Edmondson, 1999). Studien wie „Project Aristotle“ von Google belegen, dass psychologische Sicherheit der zentrale Baustein für effektive Teamarbeit ist. Wie psychologische Sicherheit durch Teamevents gestärkt werden kann, erfahren Sie in unserem Praxisleitfaden Teamevents

Das Wichtigste in Kürze:

  • Psychologische Sicherheit bedeutet, dass Mitarbeitende offen Meinung, Kritik und Fehler äußern können, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen.
  • Sie fördert Motivation, Leistungsfähigkeit sowie Innovation und ist ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen.
  • Grundlage ist eine wertschätzende Unternehmenskultur, die Diversität, Inklusion und gegenseitigen Respekt betont.
  • Eine aktive Fehlerkultur betrachtet Fehler als Lernchancen statt als Anlass für Schuldzuweisungen.
  • Offenes und ehrliches Feedback im Team sowie regelmäßige Feedbackgespräche stärken das Sicherheitsgefühl.
  • Führungskräfte und Personaler sind zentrale Multiplikatoren, indem sie Offenheit, aktives Zuhören, Empathie und Unterstützung vorleben.
  • Psychologische Sicherheit entsteht und wächst durch transparente Prozesse, klare Rollen und gemeinsame Ziele.
  • Messung und Reflexion (z. B. durch Befragungen oder validierte Skalen) helfen, Fortschritte sichtbar zu machen und Handlungsbedarfe zu identifizieren.
  • Trainings, Workshops und gezielte Weiterbildungsangebote zu Kommunikation oder Konfliktmanagement fördern psychologische Sicherheit nachhaltig.
  • Fehlt psychologische Sicherheit, steigt die Fehlerquote, Innovationskraft und Mitarbeitendenzufriedenheit sinken – der langfristige Unternehmenserfolg ist gefährdet.

Psychologische Sicherheit: Definition und Relevanz

Psychologische Sicherheit ist das Fundament für kontinuierliches Lernen, Innovation und Anpassungsfähigkeit im Unternehmen. Amy Edmondson definiert psychologische Sicherheit als das Klima im Team, in dem Mitarbeitende keine Angst davor haben, Risiken einzugehen und Fragen zu stellen. Werden solche Bedingungen geschaffen, zeigen sich positive Effekte auf:

  • Arbeitszufriedenheit,
  • Innovationskraft und
  • die Leistungsfähigkeit von Teams.

Darüber hinaus belegen aktuelle Metastudien einen starken Zusammenhang zwischen psychologischer Sicherheit und der Teamleistung sowie individuellen Lernerfolgen.

Ergebnisse aus der Forschung

Nach Edmondson (1999) entsteht psychologische Sicherheit durch offene Kommunikation, gegenseitiges Vertrauen und die Bereitschaft, unterschiedliche Perspektiven zuzulassen. Die Verantwortung liegt dabei nicht nur bei Führungskräften, sondern auch bei Personalern, die durch eine entsprechende Unternehmenskultur einen Rahmen setzen können. Insights aus deutschen Industrieunternehmen belegen, dass psychologische Sicherheit meist höher erlebt wird, wenn Führungskräfte aktiv Offenheit und Fehlertoleranz vorleben.

Zentrale Ergebnisse verschiedener Untersuchungen sind:

  • Teams mit hoher psychologischer Sicherheit kommunizieren häufiger, teilen mehr Wissen und machen weniger Fehler.
  • Führungskräfte, die sich empathisch zeigen, Feedback erfragen und Fehler offen zugeben, genießen mehr Vertrauen und fördern die Kreativität ihrer Mitarbeitenden.
  • Eine „Blame Culture“ (Schuldzuweisung) hemmt Innovationskraft, während eine Lernkultur Fehler als Chance begreift.

Weitere interessante Studien zum Thema Personalentwicklung finden Sie hier.

Maßnahmen: Wie können Führungskräfte psychologische Sicherheit fördern?

Fachliteratur und Studien leiten daraus zahlreiche, praxisbewährte Empfehlungen ab. Die folgende Übersicht unterscheidet nach zentralen Ebenen:

Führungsverhalten
  • Vorbildfunktion: Führungskräfte sollten Fehler eingestehen, Transparenz zeigen und Unwissen akzeptieren.
  • Zuhören und Beteiligung: Durch aktives Zuhören und die Einladung unterschiedlicher Meinungen entsteht Offenheit.
  • Feedbackkultur: Regelmäßiges, konstruktives Feedback fördert Vertrauen und Entwicklung.
  • Transformationale Führung: Der transformationale Ansatz betont Inspiration, intellektuelle Stimulation und individuelle Unterstützung.
Teamgestaltung
  • Klare Rollen und Erwartungen: Transparenz in Verantwortlichkeiten verhindert Unsicherheiten und Missverständnisse.
  • Gegenseitige Abhängigkeit: Teams profitieren, wenn sie auf Zusammenarbeit und Wissensaustausch angewiesen sind.
  • Gemeinsame Ziele entwickeln: Teams brauchen ein „Warum“ und gemeinsame Prinzipien für die Zusammenarbeit.
Personal- und Organisationsentwicklung

Personalverantwortliche und HR sind entscheidend in der Etablierung einer Kultur, die psychologische Sicherheit fördert:

  • Onboarding-Prozesse: Neue Mitarbeitende frühzeitig für Themen wie Fehlerkultur sensibilisieren.
  • Weiterbildung und Reflexionsangebote: Trainings zu Kommunikation, Diversity und Konfliktmanagement anbieten.

Messinstrumente einsetzen: Validierte Skalen und anonyme Feedbacktools nutzen, um regelmäßig die wahrgenommene Sicherheit im Team zu ermitteln z.B. den PsySafety-Check – Fragebogen zur Messung psychologischer Sicherheit in Teams (PS-C, Fischer & Hüttermann, 2020)

Praxisbeispiele und Tools

Praxisnahe Tools und Interventionen erleichtern die Umsetzung im Alltag:

  • Team-Check-Ins: Regelmäßige Runden, in denen Schwierigkeiten und Lernerfahrungen offen ausgetauscht werden
  • Fehlerkultur sichtbar machen: „Learning Moments“ oder Fehler-Retrospektiven etablieren statt Schuldzuweisungen
  • Peer-Feedback: Kollegiales Feedback stärken
Tipps der PERWISS-Redaktion

TIPP: Checkliste "Eckpunkte für Führungskräfte"

  • Eigene Fehler offen ansprechen und Lernbereitschaft zeigen
  • Mitarbeitende ermutigen, Ideen und Kritik einzubringen
  • Konstruktive Gesprächskultur aktiv vorleben
  • Transparente Entscheidungsprozesse schaffen
  • Erfolge sichtbar machen und kommunizieren
  • Teamarbeit mit Reflexions- und Feedbackschleifen begleiten
  • Regelmäßige Messungen zur psychologischen Sicherheit einplanen

Herausforderungen und Grenzen

Die Bewahrung psychologischer Sicherheit erfordert kontinuierliche, bewusste Arbeit und Selbstreflexion. Aktionen „von oben“ ohne Überzeugung und Vorbildfunktion der Führung bleiben unwirksam. In hierarchischen oder wettbewerbsorientierten Kulturen braucht es oft eine Kulturtransformation – ein Prozess, der von kontinuierlicher Begleitung und Unterstützung auf allen Ebenen lebt.

Fazit: Zukunftsorientierte Führung benötigt psychologische Sicherheit

Psychologische Sicherheit ist kein „Nice-to-have“, sondern ein zentraler Erfolgsfaktor in modernen Unternehmen. Die Rolle von Führungskräften und Personalverantwortlichen besteht darin, als Multiplikator zu wirken: durch Vorbild, durch systemische Struktur und durch nachhaltige Etablierung von Dialog und Lernkultur. Nur dann gelingt es Teams und Organisationen, die Innovationskraft der Belegschaft voll zu entfalten und mit Veränderungsprozessen aktiv umzugehen.

 

Von der Perwiss-Redaktion empfohlene Bücher zum Thema psychologische Sicherheit

Playbook Psychologische Sicherheit

Ein sehr aktuelles und praxisorientiertes Fachbuch zum Thema psychologische Sicherheit im Arbeitskontext ist das „Playbook Psychologische Sicherheit“ von Karolin Helbig und Minette Norman (2024), erschienen im Verlag Vahlen.

Das Buch bietet 25 konkrete Maßnahmen und „Spielzüge“ für Führungskräfte, wie psychologische Sicherheit konkret im Team gefördert werden kann. Es ist praxisnah geschrieben und hilft dabei, eine transformative Führungskultur zu entwickeln, in der sich alle Mitarbeitenden gesehen, gehört und respektiert fühlen. Die Autorinnen knüpfen an die grundlegenden Erkenntnisse von Amy Edmondson an und zeigen, wie Teams in einer angstfreien Umgebung ihre volle Leistung und Kreativität entfalten können. Kurze empowernde Inputs und Zitate sorgen für nachhaltige Lernerfolge. Illustrativ wird das Buch durch die Nutzung von Visual Facilitation Elementen untermalt. Einfache Visuals lenken den Fokus auf das Wesentliche und bieten spielend leicht umsetzbare Vorlagen für Ihren nächsten Workshop. 

ISBN 978-3-8006-7299-8

Psychologische Sicherheit

Ein weiteres empfehlenswertes Werk ist „Psychologische Sicherheit“ von Karin Volbracht (2024), das als „Superkraft“ für Teamarbeit und Führung beschreibt, wie Offenheit und Vertrauen die Zusammenarbeit verbessern. Dieses Buch ist für traditionell geführte ebenso wie für agile Organisationen geeignet und enthält zahlreiche Praxisbeispiele, Tests und Reflexionsfragen.

Beide Bücher sind aktuelle, fundierte Ressourcen für Führungskräfte und Personalverantwortliche, die in modernen Unternehmen eine wertschätzende, sichere und innovative Arbeitskultur etablieren wollen.

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