Cultural Fit - Die Passung zwischen Mitarbeitenden und Unternehmenskultur
Der Cultural Fit beschreibt inwiefern die Wertevorstellungen der Bewerbenden und Mitarbeitende mit der Kultur im Unternehmen übereinstimmen. Die Passung, über die fachlichen Anforderungen heraus, stellt ein zunehmend relevanter werdendes Kriterium in der Personalarbeit dar, da durch das Cultural Fit die Bindung an den Arbeitgebenden maßgeblich gefördert wird.
Erfahren Sie mehr zum Begriff Cultural Fit, der Bedeutung des Konzeptes für Unternehmen und zu Möglichkeiten der Überprüfung der Passung der Bewerber und Bewerberinnen und der Unternehmenskultur.
Passen die Werte des Bewerbenden zu den Werten des Unternehmens? Besteht eine Chemie zwischen dem Bewerbenden und dem Unternehmen? Gibt es eine Passung zwischen der Kultur im Unternehmen und dem Mitarbeitenden, also eine Passung über die fachlichen Anforderungen hinaus?
All diese Fragen verdeutlichen den inhaltlichen Fokus des aus der Personalpsychologie stammenden Konzeptes Cultural Fit.
Um Cultural Fit jedoch verstehen zu können, ist insbesondere das Verständnis der Unternehmenskultur relevant.
Die Kultur eines Unternehmens kann grundlegend als individuelle und oft unausgesprochene Leitlinien, Normen und Werte umschrieben werden, welche das Verhalten der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen am Arbeitsplatz beeinflussen und steuern. Entscheidungsprozesse sowie die interne Kommunikation sind primär kennzeichnend für die Unternehmenskultur.
Die Kultur im Unternehmen verdeutlicht das Ausmaß dessen, inwiefern ein Unternehmen den Ansprüchen und identitätsstiftenden Faktoren der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen entspricht.
Beim Cultural Fit geht es infolgedessen um die Passung der Bewerber und Bewerberinnen und der Kultur der Unternehmen. Konkret bedeutet dies, dass bei den Bewerbenden geschaut wird, inwiefern persönliche Werte, Normen und Leitlinien zu denen des potenziellen Arbeitgebenden passen und andersherum. Der Fit sollte auf beiden Seiten bestehen.
Kurz gesagt: Cultural Fit entspricht einer Übereinstimmung der Unternehmenskultur und der persönlichen Werte der Bewerber und Bewerberinnen.
Beim Cultural Fit geht es um die Auswahl und Einstellung eines "richtigen" Kandidaten oder einer Kandidatin, nämlich dem Bewerbenden, dessen persönliche Vorstellungen am besten mit der Unternehmenskultur übereinstimmen und nicht dem, dessen Qualifikation die höchste Übereinstimmung zur Stellenbeschreibung hat.
Doch welche Aspekte gehören eigentlich zur Kultur eines Unternehmens? Primär zählen Werte, Ziele und Visionen zu den offensichtlichen Merkmalen einer Unternehmenskultur. Weniger ersichtlich, aber mindestens genauso bedeutsam sind die Faktoren Führung, Strukturen und Abläufe der Unternehmen, Kommunikation, Fehlerkultur, Sinnhaftigkeit sowie interne Traditionen, Regeln und Erwartungshaltungen.
Der Organisationspsychologe Edgar Schein unterscheidet drei Ebenen einer Kultur, die sich durch eine unterschiedlich starke Sichtbarkeit innerhalb der Unternehmen voneinander abgrenzen. Er versteht Kultur hierbei als gemeinsame Muster, die sich eines gemeinsamen Verständnisses bedienen und durch regelmäßige Lernprozesse, beispielsweise bei der Integration neuer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, verändern und an externe Einflüsse anpassen.
Die drei Ebenen Artefakte, bekundete Werte und Grundprämissen stehen in einer wechselseitigen Beziehung zueinander. Unter der ersten Ebene werden Strukturen und Prozesse im Unternehmen verstanden, die sichtbar sind aber dennoch schwer zu entschlüsseln. Artefakte sind beispielsweise bestimmte Kleidungsordnungen oder Regelungen. Bekundete Werte entsprechen Strategien, Zielen und Philosophien, die meistens niedergeschrieben und damit leicht in Erfahrung zu bringen sind. Diese Leitlinien unterstützen das Employer Branding, wenngleich nicht sichergestellt werden kann, dass dies auch tatsächlich im Unternehmen gelebt wird. Die tatsächlich ausgelebten Werte werden als Grundprämissen definiert. Diese sind unbewusst und werden meist ganz selbstverständlich ausgeführt, nachdem sie sich im Laufe der Zeit etabliert haben. Diese Annahmen sind infolgedessen meist schwer veränderbar.
Stellen Sie sich einmal vor, Sie entscheiden sich für einen Bewerbenden, weil alle fachlichen Anforderungen erfüllt sind, die die Stelle bedarf. An den ersten Arbeitstagen bemerken Sie dann aber ziemlich schnell, dass der neue Mitarbeitende ausschließlich für sich arbeiten möchte und unglücklich in den lauten kollaborativen Meetings sitzt und sich zunehmend zurückzieht. In Ihrem Unternehmen herrscht nämlich eine teamorientierte Arbeitsweise, vieles passiert agil im Austausch und das Unternehmen lebt von der ehrlichen und ständigen Kommunikation und Zusammenarbeit.
Der Kandidat oder die Kandidatin bevorzugt jedoch offensichtlich eine ganz andere Arbeitsweise. Folglich passen die Werte vom Unternehmen und die des neuen Mitarbeitenden nicht zusammen. Es besteht kein Fit und keine Freude an der Arbeit. Und diese Fehleinstellungen sind für beide Seiten problematisch.
Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie unterschiedlich Menschen und deren Vorstellungen von Arbeit und Miteinander sein können und stärkt dennoch die Relevanz der Konzeptimplementierung bereits in Bewerbungsgesprächen.
Als Arbeitgebende ist es unerlässlich neben den sogenannten Hard Skills, also dem beruflichen Werdegang und Qualifikationen, die Überschneidungen der Normen, Ziele, Vorstellungen, Erwartungen und Handlungsweisen bereits im Bewerbungsgespräch zu fokussieren. Berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten können in der Zukunft leichter ausgebaut werden, als die Soft Skills und das Mindset der potenziellen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Diese Passgenauigkeit stellt folglich den Schlüssel erfolgreicher und langfristiger Zusammenarbeit dar.
Menschen fühlen sich zu Organisationen mit ähnlichen Wertvorstellungen angezogen. Diese Prozesse zwischen Arbeitnehmenden und Unternehmen werden als Gravitation bezeichnet.
Das Attraction-Selection-Attrition-Modell (ASA-Modell) stellt die Prozesse der gegenseitigen Anziehung dar und liefert damit einen wertvollen Beitrag zur Erklärung, warum in einer Organisation häufig homogene Kollegien bestehen.
Die erste Gemeinsamkeit wird durch die Attraction, also die Anziehung etabliert. Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Unternehmens haben sich zuvor durch die Kultur und das Image angezogen gefühlt und sich infolgedessen alle dort beworben. Die Wertvorstellungen stimmen demnach überein.
Als zweites hat sich auch die Organisation aus einem Pool an Kandidaten und Kandidatinnen für diese einzelnen Kollegen und Kolleginnen entschieden. Im Rahmen der Selection, also Auswahl, wurde der Bewerber oder die Bewerberin als passend eingestuft. Hierzu zählt einerseits die Selbstselektion seitens der potenziellen Arbeitnehmenden, die sich lediglich auf bestimmte Stellen bewerben sowie andererseits auch die Fremdselektion seitens der Unternehmen, die mit ihren Stellenanzeigen lediglich einen bestimmten Pool an Bewerbenden fokussieren und zudem durch Versetzungen oder Zuteilung bestimmter Aufgaben die Kollegen und Kolleginnen gravitieren lassen.
Das Team ist zudem sehr homogen, da die Attrition, also Zermürbung bei diesen Mitarbeitenden nicht passierte. Vielmehr haben sich alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für einen Verbleib in der Organisation entschieden, da ein Fit wahrgenommen wird.
Neben der Homogenität im Team fördert die Gravitation auch die Stabilisierung der Unternehmenskultur und sorgt durch die Einstellung ähnlicher Bewerber und Bewerberinnen für eine Integration dieser.
Die Aspekte des Cultural Fit lassen sich als Kriterien innerhalb eines Bewerbungsprozesses von Personalern und Personalerinnen erfragen. Hierfür muss zunächst seitens des Unternehmens konkret herausgearbeitet werden, welche Kultur verfolgt wird und welche Werte, Normen und welches Mindset den Kern der Zusammenarbeit darstellen.
Bereits im Recruiting wird der Cultural Fit überprüft. Die Ansicht der Bewerbung und die Bewertung vom Lebenslauf des Bewerbers oder der Bewerberin kann schon zu Schlüssen zum Cultural Fit führen. Im Vorstellungsgespräch werden gezielte Fragen gestellt, die einen Einblick in die persönlichen Werte und Vorstellungen der Bewerber und Bewerberinnen ermöglichen, sodass möglichst hohe Überschneidungen zu Beginn erfahrbar gemacht werden können.
Fragestellungen, die sich auf den Cultural Fit beziehen, setzen den Fokus der Inhalte weniger auf fachliche Themen, sondern konzentrieren sich verstärkt auf die Einstellung zur Arbeit, die Arbeitsweise und Werte sowie die Wünsche und Erwartungen an das Unternehmen.
Der potenzielle Mitarbeitende ist zudem dazu eingeladen, viele Rückfragen zu stellen, um auf diese Weise für sich abgleichen zu können, dass alles und nicht nur die Tätigkeit den eigenen Vorstellungen entspricht.